Curiosity kills the cat but not the artist

 

Sei nicht so neugierig! – ist ein Satz, den ich in meiner Kindheit oft zu hören bekam. Ich hoffe, dass das den heutigen Kindern nicht mehr so geht, denn wie man jüngst herausgefunden hat, ist Neugier zusammen mit der Gewissenhaftigkeit einer Person ebenso wichtig für das erfolgreiche Gelingen einer Karriere oder eines Lebensweges wie die Intelligenz.

Was meine ich mir Neugier? Ich rede hier nicht davon, dass man zu jedem Zeitpunkt weiß, was der ominöse Nachbar so treibt, oder mit wem die ätzende Kollegin schon wieder anbändelt oder gar wie viel Tafeln Schokolade meine Frau wöchentlich in sich hinein schaufelt. Ich rede von intellektueller Neugier – also einer allgemeinen Offenheit für neue Erfahrungen und der Bereitschaft hin und wieder feststehende Normen zu hinterfragen und kritisch zu beleuchten. Wissbegierde ist vielleicht das bessere Wort oder auch Erfahrungsbegierde.

Zurück zu den Kindern – jeder, der welche hat, kennt die endlose Fragerei, wenn sie einmal auf etwas gestoßen sind, das sie nicht loslässt. Warum ist das so? Wie funktioniert das? Was bedeutet das? Wieso ist das nicht so? Usw. Ganz oft freut einen diese Fragerei, besonders dann, wenn man zu dem Thema auch etwas zu sagen hat, manchmal nervt es, besonders dann, wenn man schon dreimal die gleiche Antwort gegeben hat, aber der kleine Fragesteller immer noch nicht zufrieden ist und sich scheinbar vorgenommen hat, solange weiter zu fragen, bis die Antwort „passt“ und manchmal ist man selbst ganz erstaunt, dass man die Antwort gar nicht kennt und beschämt, dass man nie selbst versucht hat, sie herauszufinden.

Es ist genau diese Neugier, diese Begierde, mehr über das Leben, die Welt und überhaupt alles zu erfahren, die der Motor ist, der uns Künstler abtreibt. Unsere Werke müssen dabei keinesfalls Antworten liefern, es reicht, wenn sie die richtigen Fragen stellen. Wenn sie beim Betrachter eben jene Neugier hervorrufen, die das Leben letztlich so spannend, so aufregend und interessant macht.

Diese Offenheit für Neues fördert zudem die „glücklichen Zufälle“. Verlassen wir nie unsere eingefahrenen Bahnen und unser bekanntes Terrain, dann werden wir auch nie Menschen oder Ereignissen über den Weg laufen, die uns vielleicht glücklicher und zufriedener machen können. Sprich, wenn wir die vorgezeichneten Wege verlassen, dann sehen wir mehr, nehmen mehr auf und sind viel kreativer. Wir sind besser drauf, was, nachweislich, dazu führt, das wir aufnahmefähiger sind, Stress und unbedingte Zielgerichtetheit führt zu einem Tunnelblick und lässt uns so Manches übersehen.

Leider ist es so, dass wir jenseits der 20 immer weniger neugierig und ergo auch immer weniger spielerisch werden. Der amerikanische Sozialpsychologe Todd Kashdan schreibt, dass wir das tun, weil uns diese Eigenschaften nicht mehr „altersgemäß erscheinen. Wir erlegen uns selbst rigide Regeln auf und eliminieren dadurch Chancen, uns zu verändern und zu wachsen.“

Also ist die Neugier eine Art Gegengewicht zu allem, was uns langweilt, einengt und zu einer festgefügten Routine geworden ist. Die Neugier erweitert unseren Horizont. Dabei ringt sie oft mit dem Sicherheitsbedürfnis, das um so mehr wächst, desto älter wir werden. Gehen wir das Risiko ein? Oder nicht? Natürlich holen sich die risikofreudigen Menschen viel häufiger eine blutige Nase als jene, die alles vorab bedenken, abwägen und dann ganz sein lassen. Aber sie sind, erwiesenermaßen, auch die Glücklicheren. Denn wie mittlerweile glasklar ist, bereuen Menschen auf ihrem Sterbebett viel mehr das, was sie nicht getan haben, als das, was sie getan haben.

Dies ist also ein Plädoyer für mehr Neugier und mehr Risikofreude in eurem Leben und in eurer Kunst. Investiert ruhig ein bisschen Zeit, Nerven und Angst für eine potenzielle Bereicherung eures Lebens und eurer Kunst. Es wird nicht immer alles glatt gehen, aber wenn es das tut, dann wird es euch glücklich machen. Und wenn nicht, dann habt ihr es immerhin mal ausprobiert.

 

Bis bald — euer Ivan.


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