Geheimnisse

„Die Geheimnisse eines Menschen sind ihm geheimer als anderen“ (Paul Valéry)

Wir alle kennen das – kommt ein Freund mit seinen Problemen zu uns, auf die er wieder und wieder stößt und die er partout nicht lösen kann, denken wir oft: Warum sieht er bloß nicht, dass er immer wieder an dem selben dämlichen Verhalten seinerseits scheitert, dabei ist der ganze Komplex doch so glasklar. Für den Freund aber ist das alles ein Buch mit sieben Siegeln. Er kann einfach nicht sehen, nicht verstehen, warum immer wieder passiert, was passiert.

Im Gegensatz zu uns.

Nun – natürlich muss man im Leben immer wieder auch den Umkehrschluss ziehen. Wenn es uns mit den anderen so geht, warum sollte es den anderen dann nicht auch mit uns so gehen. Unvorstellbar, sicher, halten wir uns doch für unglaublich selbstreflexiv und überhaupt wissen wir um unsere Fehler und Schwächen. Tja, da habe ich eine überraschende Erkenntnis für euch: Ihr seid keine Ausnahme von der Regel.

96 Prozent unseres Selbst ist uns nicht bewusst. 96 Prozent liegen sozusagen im Dunkeln. Und dabei sind es genau diese 96 Prozent, die uns hauptsächlich antreiben, die uns tun lassen, was wir tun, sagen lassen, was wir sagen usw. Das ist einerseits erschreckend, weil es so etwas wie Selbstkontrolle völlig ad absurdum führt, andererseits aber auch faszinierend, weil wir, indem wir uns selbst begegnen, im Grunde auf ein unbekanntes Wesen stoßen. Ab und zu führen uns bestimmte außergewöhnliche Situationen vor Augen, dass wir doch ganz anders sind/reagieren als wir gemeinhin von uns angenommen hatten, ja, worauf wir sogar Stein und Bein geschworen hätten. Den einen bringt das aus der Fassung, der andere sieht das als Chance, zu reifen, zu wachsen, sich besser kennenzulernen und vor allem weniger festgefahren zu sein.

Alte Muster zu durchbrechen.

Genau darum geht es. Wenn ihr von euch selber glaubt, euch gut zu kennen, dann ist das die erste Erkenntnis, die ihr über Bord werfen solltet. Einstellungen wie diese hindern einem im Leben daran, Dinge auszuprobieren oder daran zu glauben, sie erreichen zu können. Ihr seid nicht, was ihr glaubt zu sein. Ihr solltet bereit sein, herauszufinden, was alles in euch steckt. Nicht nur im Positiven, auch im Negativen. Lasst es zu. Nur so kann die Kreativität in euch wirklich wachsen. Gedeihen. Übersprudeln.

Lasst euch mal von anderen Menschen erzählen, wie sie euch so sehen. Dazu gehört viel Mut, aber ihr braucht keine Angst zu haben. Das, was die Menschen euch erzählen werden, hat natürlich auch immer viel mit den Menschen selbst zu tun, mit ihrer Persönlichkeit, mit ihren ihnen unbekannten 96 Prozent, die außerhalb ihres Bewusstseins liegen. Beziehungen und Menschen sind ein Mysterium. Eine unendliche Quelle der Inspiration, so wie wir selbst für uns eine sein können, sein sollten.

Also seid mutig, begegnet euch selbst immer wieder aufs Neue, unvoreingenommen, neugierig und offen. Lernt euch selbst neu kennen und schöpft aus dieser Begegnung die Kraft und die Courage, alle vermeintliche Kontrolle fahren zu lassen. Dann werdet ihr in der Lage sein, tief in euch hineinzusehen. Dann wird eure Kreativität explodieren.

Begegnet dem Unbekannten – begegnet euch selbst!

 

Bis bald in der Malschule — Ivan


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